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Eine Einladung von „Godfather“ – Nachklang zum 28. Sonntag (A ) 2023 (Mt 22,1-14)

Einladung von "Godfather"

„Ich werde ihm ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann“. Dieser Satz aus Francis Ford Coppolas Mafiaklassiker „The Godfather“ („Der Pate“) gehört zu den Top-Ten der unsterblichen Filmzitate. Wenn das Familienoberhaupt Don Corleone eine Offerte unterbreitet oder eine Einladung ausspricht, muss man akzeptieren, ansonsten könnte es sehr unangenehm werden. Allem Anschein nach agiert auch der von Jesus im Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl geschilderte Vater des Bräutigams mit dem Selbstverständnis und nach dem Verhaltensmuster eines Clanchefs der „Cosa Nostra“. Zumindest sehen das jene Menschen so, denen in dieser Geschichte die Einladung zur Hochzeit überbracht wird. Sie meinen aus Erfahrung zu wissen, dass es hier nur vordergründig um ein fröhliches Fest, in Wahrheit aber um Machtdemonstration und Unterwerfung geht. Die Adressaten sind sich offenbar im Klaren darüber: Hier flattert ihnen eine unterdrückende, ja freiheitsberaubende Verpflichtung ins Haus. Ich kann daher gut verstehen, warum sie sich so vehement wehren. Sie glauben einfach nicht, dass ihnen Gutes bevorsteht; sie fühlen sich in ihrer Existenz bedroht und vielleicht können sie das Schlimmste noch abwenden.  Dieser Sichtweise entspricht es auch, dass der Herr dann käme und sie niedermetzeln würde. Wenn einer andere bedroht und sie sich wehren, wird er sich rächen – daran ist nichts seltsam.

Geschlossene Weltbilder

Die für die Hochzeit vorgesehenen Gäste erinnern mich an die während der Coronaepidemie kollektiv imaginierten Bedrohungsszenarien. Die hier entwickelten Verschwörungstheorien führen erschreckend vor Augen, wie tief sich Menschen in Parallelrealitäten verstricken können und schier jede Kleinigkeit ihre Auffassungen bestätigt. Auch hier wird die Einladung zum Befehl, mutiert staatliche Fürsorge zur Zwangsherrschaft. Gleiches gilt für populistische Narrative von „Umvolkung“, „Sozialtourismus“ oder vom „Ansturm der Horden aus dem Süden“. Wer sich in sie hineinsteigert, wird bald in fast jeder Passantin, in fast jedem Passanten auf der Straße eine Bedrohung oder Konkurrenz erblicken. Wer sich auf Verschwörungsmythen und die „Welt alternativer Fakten“ einlässt, merkt immer weniger, dass er, dass sie wie die Geladenen im Gleichnis die Realität nur noch als sich selbst erfüllenden Vorhersage wahrnehmen.

Eine heilsam störende Einladung

Aber ist der Vater im Gleichnis tatsächlich so, wie die Eingeladenen ihn sehen? Aus der Perspektive Jesu ganz und gar nicht! Mir gibt die Unermüdlichkeit des Königs zu denken. So verhält sich nur jemand, der von der immensen Bedeutung seines Anliegens überzeugt ist und für die Zukunft der Eingeladenen das absolut Beste will. Deshalb bleibt er an den vorgesehenen Gästen dran, stört sie durch mehrmalige Erinnerung in ihrer abgekapselten Welt und in ihrer festgefügten Lebensweise, rüttelt sie auf in ihrem selbstbezogenen Alltagstrott. Aus seiner Sicht gibt es nichts Wichtigeres als das von ihm ausgerichtete Hochzeitsmahl und die Freude, die er den Gästen damit bereiten will. Die Vorbereitung auf das Fest, so seine Botschaft, soll im Mittelpunkt ihres Alltags stehen und nicht die permanente Verfolgung von Eigeninteressen: nicht permanentes Gewinnstreben, Wohlstandsabsicherung und Karriere. Die völlig unerwartete und unverdiente Einladung erinnert daran, dass es Wichtigeres gibt als alles dies. Vorrangig muss es darum gehen, den eigenen Besitz zum Wohl der Menschen einzusetzen, gute Erfahrungen für Benachteiligte zu ermöglichen, Menschen Schutz zu geben und erworbene Macht für das Allgemeinwohl einzusetzen. So verhalten sich Frauen und Männer, die die Einladung angenommen haben. Sie durchbrechen das gängige Grundmuster, demzufolge nur das zählt, was ich selbst geleistet oder für mich erkämpft habe. Somit ist es also mit dem Himmelreich wie mit einer immer wieder werbenden lieben Einladung Gottes, die von unverständigen Menschen hartnäckig und unbelehrbar für eine unbarmherzige und gewalttätige Überforderung gehalten wird. Und ihre Abwehrhaltung schlägt sogar um in Gewalt, die sie dann auch noch Gott in die Schuhe schieben, wodurch sie ihn nur noch bedrohlicher erleben und erst recht ablehnen.

Aber der „Godfather“ Jesu ist ganz bestimmt nicht „der Pate“.

Stefan-Bernhard Eirich, Bundespräses der KAB Deutschlands