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„Ich bin der Herr und sonst niemand“ – Nachklang zum 29. Sonntag (A) 2023

Das ist eine ungeheuer schroffe, ja knallharte Ansage, die ins Alltagsdeutsch „übersetzt“ noch deutlicher klingt: ich bin der Chef – und basta! Eine in jeder Hinsicht aufregende Selbstaussage Gottes, ausgesprochen und aufgeschrieben in einem schier unglaublichen Moment: Ein fremder Herrscher aus dem „Ausland“, der persische König Kyrus (wohlgemerkt ein Heide), wird 538 v.Chr. zum Retter der Reste des Volkes Israel, das drei Generationen davor ins babylonische Exil deportiert worden war. Diese aller politischen Realität und menschlichen Erfahrung widersprechende Erfahrung erfolgt zudem durch einen Machthaber, der nicht unterdrückt, sondern weitgehend Freiheit gewährt. Da bleibt nur die Erkenntnis: Wir haben bisher von Gott viel zu klein gedacht. Überall und nicht nur bei uns gibt es Hinweise auf sein völlig souveränes Handeln. Es gibt keinen Bereich, der ihm nicht untersteht.

 

Grenzenloser Machtanspruch

„Ich bin der Herr und sonst niemand“. Der Krieg in der Ukraine und nun der grauenhafte Krieg in Israel scheinen das Gegenteil zu belegen. Die Welt ist voll mit Herren und Herrinnen, die massenhaft über Leben und Tod, Gut und Böse entscheiden. Aber anstatt, wie der Gott der Bibel Freiheit zu bewirken, bringen sie nur Elend und Vernichtung zustande. Ausschlaggebend sind für diese Herrinnen und Herren die Absolutheit der eigenen Überzeugung und ein grenzenloser Machtanspruch über alle und alles. Die Bilder von den Terroristen der Hamas, die grölend und jubelnd jüdische Männer, alte Frauen, Jugendliche und kleine Kinder gejagt, getötet und die Toten zur Schau gestellt haben, haben sich nicht nur mir ins Gedächtnis gebrannt. Gleiches gilt für die Aussage von den „Tieren, die nur wie Menschen aussehen“, für die Gewaltausbrüche von Antisemitismus und Antiislamismus auch und gerade in deutschen Städten. Längst ist jede Grenze überschritten, längst jede Hoffnung auf ein weiteres Zusammenleben im Heiligen Land verbraucht.

Indem Terror und Hass im Namen Gottes gottgleiche Souveränität beanspruchen, wenden sie sich aber in Wahrheit nicht nur gegen diesen Gott, sondern wollen ihn und sein Werk regelrecht vernichten. Terror und Kriege (nicht nur) im Namen Gottes zielen bewusst auf Menschen und deren Auslöschung. Im schutzlos preisgegebenen und kaltblütig eliminierten Menschen zeigt sich Gottes Bild. In unserer Gegenwart ist Gott nicht im machtvollen Friedenswerk eines mächtigen „Gamechangers“ vom Format eines Kyrus erfahrbar. Aber er scheint durch in den Opfern des Terrorismus, in einer vom Tod bedrohten Zivilbevölkerung, in den Trauernden und den für ein Leben lang Gezeichneten. Er lässt sich auch in den Haltungen und Handlungen derer erahnen, die sich über die Gräben und Mauern des Hasses hinweg die Hand reichen und für die Wahrung eines letzten Funkens von Menschlichkeit zusammenstehen.

Beten wir dafür, dass wir Menschen uns – wo wir nur können – für Gerechtigkeit und Versöhnung einsetzen, egal zu welcher Religion wir gehören. Beten wir dafür, dass wir lernen, den Frieden zu suchen und es gemeinsam schaffen, Gewalt und Hass zu überwinden.

Stefan-Bernhard Eirich, Bundespräses der KAB Deutschlands