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„Kassier gesucht“ – Nachklang zum 11. (A) 2023

„Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Kassier (m/w/d) zur Verwaltung unseres Mitgliederbestands und zum Einzug der Mitgliedsbeiträge. Er/Sie nimmt an allen Vorstandssitzungen teil, engagiert sich vollumfänglich für unserem Verein …“ So oder so ähnlich suchen nicht nur Unternehmen nach neuen Beschäftigten, sondern auch ungezählte Vereine nach Ehrenamtlichen, die bereit sind, einen Gutteil ihrer Freizeit selbstlos für den Sport, das Brauchtum, die Mitarbeit in Pfarreigremien oder Verbänden einzubringen.

Das Personalkonzept Jesu

Auch Jesus braucht Mitarbeitende, Menschen, die sich ohne Wenn und Aber einbringen. Und er findet sie: „An erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes …“ (Mt 10,2). Mit aller Akribie präsentiert Matthäus wie bei einem betrieblichen Personalverzeichnis die Namen der einzelnen Apostel und fügt teilweise präzisierende Erläuterungen hinzu. Ihm ist wichtig, dass Verwechslungen ausgeschlossen werden können und der jeweils Genannte tatsächlich existiert. Ersatz gibt es nicht.

Bei den vom Evangelisten angeführten Namen klingen zuhöchst individuelle Vorgeschichten an, Biographien, die nicht zum üblichen Klischee auserwählter frommer Männer oder zukünftiger Würdenträger passen wollen. In der ausgesprochen, ja schmerzhaft bunten Gruppe finden sich Schriftgelehrte ebenso wie Kleinunternehmer aus dem Fischereisektor und Zöllner, will heißen Kollaborateure mit der römischen Besatzungsmacht. Selbst der Namen eines Sympathisanten der Terrorszene taucht auf: Simon Kananäus, bekannt geworden als Simon, der Zelot (Lk 6,15), sprich er gehört zur Speerspitze des gewaltbereiten Widerstands gegen die Römer.

Hat Jesus die Wahl? Er nimmt diese Männer, weil sie so sind, wie sie sind. Menschen wie sie dürfen und werden die Verkündigung vom Reich Gottes prägen. Sie werden gebraucht, weil sie da sind: mit allem, was sie können und mit allem, was schiefgelaufen ist in ihrem Leben und Narben hinterlassen hat. Offensichtlich gehört es zu den wesentlichen Merkmalen dieses Reiches, dass dort unterschiedlichste Temperamente und Charaktere Platz haben; das Ringen um ein gedeihliches Miteinander ist Teil des Reiches Gottes im Werden. Jesus geht es nicht darum, nach harten Auswahlgesprächen klar beschriebene Posten zu besetzen. Die Namen der Zwölf stehen schlichtweg für die wachsende Anzahl an Menschen, die sich angesprochen fühlt von der Aufgabe zu trösten, zu heilen, zu versöhnen, Dämonen auszutreiben und am Boden Liegende aufzurichten. Das sich so andeutende Kommen des Reiches Gottes ist also von den Menschen geprägt, die sich von ihm begeistern und vereinnahmen lassen. Sie geben ihm ihr Gesicht, ihre Hände, ihre unverwechselbaren Begabungen. So wie jede, wie jeder ist, wird er gebraucht. Niemand ist ungeeignet, weil er einem Stellen- bzw. Aufgabenprofil nicht entspricht.

Kirchliche Suchmuster

Die von kirchlichen Gremien und Verbänden formulierten Erwartungen an das Ehrenamt unterscheiden sich nach wie vor stark von diesem Konzept. Ortsverbände der KAB jammern darüber, dass sich niemand mehr für die Aufgaben des Kassiers, des Vorstands oder der Schriftführerin findet. Gleichzeitig gibt es nach wie vor ungezählte Frauen und Männer, denen das sozialpolitische Engagement in unserer Gesellschaft ein Herzensanliegen ist und die viele Stunden im Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft verbringen. Gebraucht werden und dazugehören. Um diese wunderbare Erfahrung geht es heute und um diese Erfahrung ging es auch den von Matthäus genannten Jüngern. Gottlob gibt es Pfarreien und Verbände, die das begriffen haben und deshalb „andersherum“ denken: von den Gaben zu den Aufgaben. Gemeinden und Vereine, die ihre ganze Arbeit an den Gaben, den Charismen orientieren! Es geht nicht zuerst um Aufgaben und Zuständigkeiten, für die dann die passenden Menschen gefunden werden müssen. Wer sich für andere einsetzt, will spüren: Ich bin wirksam. Mein Engagement ist richtig und wichtig, und ich sehe meinen Beitrag.