Armutsbekämpfung und bessere Chancen gibt es nicht zum Nulltarif

Berlin/Köln, 3. März 2023. Am kommenden Wochenende wird die Bundesregierung in der Kabinettsklausur über die geplante Kindergrundsicherung beraten. Bisher gibt es in der Koalition keine Einigung auf ein Budget für das zentrale familienpolitische Vorhaben der Legislaturperiode. „Es geht jetzt darum, angemessene Mittel für eine erfolgreiche Reform zugunsten von Kindern und Familien zur Verfügung zu stellen“, äußerte Erzbischof Koch heute in Berlin. Der Präsident des Familienbundes der Katholiken, Ulrich Hoffmann, erklärte, dass es sich bei der Bekämpfung von Kinderarmut und der Verbesserung der Chancen von Kindern und Jugendlichen um wichtige Zukunftsinvestitionen handele: „Wer bei den Kindern spart, zahlt später wesentlich höhere Folgekosten.“
Die katholischen Verbände betonen, dass sich die mit der Kindergrundsicherung verfolgten Ziele nicht ohne zusätzliche Finanzmittel erreichen lassen. Egal ob es um das mit der Leistungsbündelung verfolgte Ziel der verbesserten Inanspruchnahme von Familienleistungen oder um das Ziel der Armutsbekämpfung gehe: beides sei nicht zum Nulltarif zu haben.
Die Verbände verweisen darauf, dass es seit Jahren nicht gelinge, die Kinder- und Jugendarmut zu senken. Studien zeigten immer wieder: Jedes fünfte Kind in Deutschland ist armutsgefährdet. Insgesamt sind 2,9 Millionen Kinder betroffen. Die aktuellen Preissteigerungen infolge der sich überlagernden Krisen verschärfen die Situation der Familien und treffen arme Familien besonders. Nach den pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen haben viele Kinder und Jugendliche Bildungsrückstände, insbesondere solche aus einkommensschwächeren Familien. Noch immer hängen die Teilhabe- und Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland in hohem Maß von den Ressourcen der einzelnen Familien ab.
Vor diesem Hintergrund halten die katholischen Verbände es für dringend erforderlich, dass die geplante familienpolitische Reform zu höheren Leistungen für Kinder führt und insbesondere arme Familien und solche mit kleinen Einkommen besser unterstützt. „Dafür muss Geld in die Hand genommen werden“, äußerte Beate Schwittay, Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmerbewegung. „Die Kindergrundsicherung darf nicht durch Kürzungen an anderer Stelle gegenfinanziert und zum Nullsummenspiel für Familien werden.“ Für bedenklich hält Renate Jachmann-Willmer, Vorstand des Sozialdienstes katholischer Frauen Gesamtverein e.V., dass ausgerechnet bei den Alleinerziehenden auf der Grundlage der aktuellen Pläne Verschlechterungen drohen, wenn zum Beispiel der Unterhaltsvorschuss mit dem Zusatzbetrag der Kindergrundsicherung voll verrechnet werden soll.
Dass die Regelbedarfe nach dem bekannt gewordenen Eckpunkte-Entwurf des Bundesfamilienministeriums zukünftig stärker an den Haushaltsausgaben der gesellschaftlichen Mitte orientiert werden sollen, entspricht langjährigen Forderungen der katholischen Verbände. Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, bekräftigt: „Kindergrundsicherung ist Kinderchancensicherung. Eine Regierung, die sich soziale Gerechtigkeit und Aufbruch auf die Fahnen geschrieben hat, muss vorrangig dafür Sorge tragen, dass Kinder und Jugendliche unabhängig vom Einkommen der Eltern mit gleichen Lebenschancen aufwachsen.“
Unterstützende Personen und Verbände:
Dr. Heiner Koch, Erzbischof von Berlin
Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e.V. (AKF)
Deutscher Caritasverband e. V. (DCV)
Familienbund der Katholiken (Bundesverband) e. V.
Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB Deutschlands e. V.)
Katholischer Deutscher Frauenbund e.V. (KDFB)
Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e. V. (SkF)
Kompetenzzentrum Grundeinkommen - Nah an der Politik
Köln, im Februar 2023. Mit dem neuen Format „Grundeinkommen trifft Politik“ hat das Kompetenzzentrum „Grundeinkommen der KAB Deutschlands einen weiteren Weg gefunden, ihr Anliegen in die politische Diskussion zu tragen. Erste Diskussion war mit dem CDU-Politiker Kai Whittaker, der eine Reform der Sozialversicherungen anstrebt, in der zukünftig alle Einkommensarten einbezogen werden. „In Zukunft muss auf alle Arbeits- und Kapitaleinkünfte eine Sozialversicherungsabgabe bezahlt werden. Mit dieser Abgabe werden die gesamten Sozialversicherungsausgaben bezahlt“, forderte Whittaker. Anfang des Jahres diskutierte in einem Online-Treffen das Kompetenz-Team mit Stefan Wolf von der Partei „Die Linke“. Wolf, Sprecher der BAG Grundeinkommen, sieht in der Forderung nach einem Umbau des Sozialsystems eine große politische Chance für seine Partei.
„Das von der BAG entworfene Modell ist sehr gut ausgearbeitet“, meint Andrea Hofmeier. Beim Treffen wurde verabredet, die Debatte um sinnvolle Arbeit, die Freiheit, Arbeit anders zu verteilen, den Lohnabstand als Argument für ein Grundeinkommen und die Einführung eines Kindergrundeinkommen stärker in der gesellschaftlichen Debatte voranbringen.